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Die Dorfschule - Teil I
Vorangestellt grundsätzliches zur geografisch-politischen Zugehörigkeit des Ortes Triptis/Oberpöllnitz.
1660 waren die vier „assekurierten Ämter“ vollständig in das albertinische Kurfürstentum integriert und man schuf die Verwaltungseinheit „Neustädtischer Kreis“ mit den Ämtern Arnshaugk, Ziegenrück, Weida und Mildenfurth.
1815 entstand aus dem Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach das Großherzogtum SWE und der Neustädtische Kreis wurde zum größten Teil als „Neustädter Kreis“ in das ernestinische Sachsen zurückgeführt.
1850 wurde der Neustädter Kreis zum V. Verwaltungsbezirk Neustadt an der Orla. Auch im Freistaat Sachsen-Weimar-Eisenach (1918–1920) und im neuen Land Thüringen blieb der V. Verwaltungsbezirk Neustadt an der Orla eine Gebietseinheit bis 1922.
1922 kam es wegen einer Gebietsreform u.a. zur Bildung des Landkreises Gera sowie zur Auflösung des Neustädter Kreises.
1952 entstand der Kreis Pößneck als Bestandteil des Bezirkes Gera im Land DDR
(Quelle: Auszüge aus Wikipedia 2021)

Warum diese vorangestellte Aufzählung? Die zahlreichen, oft recht kleinen autonomen Herrschaftsgebiete bewirkten eine kleinstaatliche Zersplitterung mit eigenen Rechtsordnungen. Zwischen 1657 u. 1718 gehörte z.B. der Neustädtische Kreis zum Sekundogenitur-Fürstentum Sachsen-Zeitz. Das heißt, schon im Nachbarort konnte es ein anderes Rechtsystem geben und Zollschranken waren allgegenwärtig. Maße, Gewichte, auch das Münzwesen unterschieden sich von Ort zu Ort. Und so ist es nicht verwunderlich, dass es auch bezüglich des Schulwesens sehr unterschiedliche Auffassungen und Normen für die Bildung der Untertanen gab.
Von einer „Dorfschule“ im eigentlichen Sinn des Wortes kann gesprochen werden, wenn für den Unterricht ein Schulgebäude zur Verfügung stand. Im 17. Jahrhundert begann auch der lokale Adel sich langsam für die Bildung seiner Untertanen zu interessieren. Natürlich unter den Fittischen der Kirche. In Oberpöllnitz wurde erst 1670 die erste Schule gebaut. „Mit der Schulordnung von 1724 entstanden in Kursachsen besonders fortgeschrittene Volksschulen und die „Dorfschulen“ als Sommerschulen. Mit der nächsten Schulordnung von 1773 wurde der Unterricht reorganisiert und zu den traditionellen Fächern Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen kamen unter anderem Erdbeschreibung, Geschichte und Naturkunde hinzu. 1805 hielt die allgemeine Volksschulpflicht Einzug in Sachsen. Im 1815 gebildeten Großherzogtum SWE bestand eine allgemeine Schulpflicht zwischen dem vollendeten 6. und 14. Lebensjahr. 1874 wurde ein neues Volksschulgesetz vom Landtag verabschiedet. Die allgemeine Schulpflicht wurde 1919 in der Weimarer Verfassung einheitlich für ganz Deutschland festgeschrieben.“
(Quelle: Auszüge aus Wikipedia 2021)
Zur Schulgeschichte
Herr Lehrer Wolf schreibt im Jahr 1923 in seiner „Schulhistorie von Oberpöllnitz“: „Mit Bestimmtheit kann angenommen werden, dass in Oberpöllnitz vor 1670 keine Schule und kein Lehrer vorhanden waren, denn ein in den Kirchenakten befindlicher Eintrag über einen Rezess besagt: «Es soll die Gräserung auf den Gottesäckern, die bisher, da kein Schulmeister vorhanden, die Herren Pastoren eingefahren haben, den jetzigen und künftigen Schulmeistern zu ihrem besseren Auskommen in aller Zeit verbleiben.«
Entsprechend dieser Notiz kann man schlussfolgern, dass der Schuldienst vor dieser Zeit vom Pfarrer im Pfarrhaus mit durchgeführt wurde bzw. wie in unseren Dörfern auch üblich, von einem „gelehrten Bauern“ oder „in Reihe“ besorgt wurde. Also von Haus zu Haus der Nachbarn der Altgemeinde. Im Kirchenbuch befindet sich ein Eintrag, dass die Schule im Ort Oberpöllnitz im Jahr 1670 von dem damaligen Besitzer des Rittergutes, dem hochwohlgeborenen und gestrengen Herrn, Herrn Hans Christoph v. Pöllnitz d.J. (1638-1680) gegründet worden sei. Die Einweihung und Übernahme wurde am 29.11.1670 vollzogen und unter den Protokollanten befindet sich auch die Unterschrift des Christian Julius v. Schauroth, Rittergutsbesitzer von Geroda (1642-1708). Diese erste Schule befand sich im sogenannten "Oberdorf" vor dem ehemaligen Hof Biehl»Siegel»Kraft.
(Siehe Hauptseite „Das Dorf“ - Unterseite „Dorfplan 1815“)
»Für den Aufbau des Schulhauses hat der Patron das Holz hergegeben, haben die Eingepfarrten die Dienste geleistet, der Landesherr Moritz Herzog von Sachsen-Zeitz (1619-1681) hat 30 Gulden bewilligt und die noch erforderlichen Gelder zur Deckung der Kosten, sollen jetzt und künftig aus den beiden Gotteshäusern Oberpöllnitz und Mittelpöllnitz genommen werden«, steht in der Kirchenakte geschrieben. Die Schule wurde von den Kindern aus Ober-, Stein-, Buch-, Mühl- und Mittelpöllnitz, Geheege und Geroda besucht. Da der Weg im Winter für die Kinder aus den entfernter liegenden Orten oftmals sehr beschwerlich war, gab es laut Chronik für diese Kinder des Öfteren Ausfalltage. Hier waren der Pfarrer und der Lehrer nun angehalten, mit den Eltern einen Konsens zu finden. Über die verschiedenen Aufgaben und Verpflichtungen des Pfarrers und des Lehrers sowie über die unterschiedlichen Besoldungen und Abgaben an diese Personen möchte ich hier nicht eingehen, da sich diese Thematik zu umfangreich darstellt. Auf jeden Fall gab es ständig Streit unter allen Beteiligten und Kontrollgremien. Die Aufgaben und Einkünfte des 1. Lehrers werde ich später im Teil III darstellen.
Da die Kinderanzahl im 18. und 19. Jahrhundert stetig anstieg, mussten die Schüler in 2 Durchgängen unterrichtet werden, denn in den Akten für 1811 werden schon 86 Schüler genannt. Diese Situation verlangte nach einer neuen Lösung und bewirkte, dass die Gemeinden Mittelpöllnitz und Geroda 1844 beabsichtigten, sich von der Schulgemeinschaft zu trennen. Daraufhin versprach die Gemeinde Oberpöllnitz den Neubau einer großen neuen Schule. Den Bauplatz an schöner sonniger Lage mit großem Garten, verkaufte der damalige Rittergutsbesitzer Julius Aster (1818-1871) zu bevorzugten Konditionen an die Gemeinde. Diese 2. Schule wurde an dem noch heute sichtbaren Standort gegenüber dem großen Dorfteich errichtet.
Der Schulneubau sollte 1845 beginnen. Ständige Unstimmigkeiten in den Gemeinden über die Finanzierung und über die Baugestaltung haben aber den Beginn stets verschoben. Endlich kam es zu einer Einigung, kam es zur Bauausführung und im Sommer 1853 wurde das neue Schulhaus fertiggestellt und eingeweiht. Aber schon 1866 gab es neue Probleme. Geroda und Mittelpöllnitz beschlossen nun doch aus dem Schulverbund auszutreten und eine eigene Schule zu errichten. Diese Absicht wurde 1869 vollzogen und die 2 Gemeinden haben in Mittelpöllnitz eine Schule gebaut und 1870 eingeweiht.
Der verbliebene Schulverband konnte jedoch die Hände nicht in den Schoß legen. Die steigende Kinderzahl zwang auch die Gemeinderäte zu weiteren Überlegungen hinsichtlich der Erweiterung der Oberpöllnitzer Schule. Also wurde ein Schulanbau geplant und 1907 in die Tat umgesetzt. Nun gab es ein vorzügliches Schulhaus mit zwei großen Unterrichtsräumen, mit drei Lehrerwohnungen, einem Schulgarten und einem Sporthof. Auch ich bin ab 1952 drei Jahre in dieser Schule unterrichtet worden, bevor wir Oberpöllnitzer Kinder in Triptis weiter die Schule besuchten.

Wolfgang Schuster Triptis/Oberpöllnitz 2/2022

Das ehemalige Schulhaus in Oberpöllnitz. Rechtsseitig das 1853 erbaute neue Schulhaus und links der 1907 erfolgte Erweiterungsbau. Linker Hand gab es noch einen Schulgarten, der Hof wurde für Pausen und Sport genutzt und hinter dem Altgebäude gab es noch die Toilettenanlagen. Mit dem Erweiterungsbau entstanden ebenfalls insgesamt 3 Lehrerwohnungen.