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Die Besiedlung in Kursachsen

Allgemeine Besiedlungshistorie in Thüringen, Sachsen und Thüringer Vogtland
Teil I.1 Politisch - Militärisch

Das Reich der Thüringer, gebildet ca. Mitte 4. Jahrhundert, währte in seiner Selbstständigkeit nicht lange. Im Jahr 531 erlitten sie gegen die Franken, mit den nördlich lebenden Sachsen im Verbund, in der Schlacht an der Unstrut, möglicherweise bei Burgscheidungen, ihre historische Niederlage. Damit endete für immer die Eigenständigkeit der Thüringer und es erfolgte eine Eingliederung in das Reich der Franken. Erst relativ lose und frei, später Ende des 6. Jahrhunderts und vor allem dann im 7. Jh. entwickelte sich eine festere Bindung, verstärkten die Mainfranken ihren Einfluss und schwächten die thüringische Selbstständigkeit. Das Land wurde zur fränkischen Grafschaft degradiert und verlor auch noch die Nordregion an die Sachsen. Die Gebiete östlich der Saale wurden im 7. Jahrhundert aufgegeben und es kam hier zur Einwanderung wendisch - sorbischer Stämme, der Slawen. Die Saale, unser wichtigster Heimatfluss, wurde auch in der folgenden fränkischen Karolingerzeit (750 - 900) der Grenzfluss zwischen Thüringern und Slawen. Thüringen ein Herzogtum, Teil des Ostfränkischen Reiches und die Slawen jenseits der Elbe, Saale, Elster und Pleiße, mehr und mehr bedrängt durch fränkische Eroberer, gerieten ebenfalls, wenn auch noch lose, unter fränkische Oberherrschaft. Ende des 9. Jahrhunderts und vor allem im 10. Jh. war diese Entwicklung im Wesentlichen abgeschlossen. Unter dem sächsischen Herzog Heinrich und späteren deutschen König Heinrich I. (K.911-936), der Städtegründer und auch danach unter seinem Sohn Kaiser Otto I., der Große (K.936/Ks.962-973), sind die deutschen Eroberer die Elbe aufwärts bis in den Raum Dresden und in die Lausitz gekommen. Heinrich I. gründete um 929 die Burg Meißen. Markgraf Gero festigt im Auftrag Kaiser Otto I. diese Gebiete und errichtete die sogenannte Ostmark. Nach dessen Tod wurde diese Ostmark durch den Kaiser 968 in die 3 Marken Merseburg, Zeitz und Meißen zerlegt und gleichzeitig zu Bistümern erhoben. Zugeordnet zu dem gleichzeitig gebildeten Erzbistum Magdeburg. Aber schon 985 hatte Eckehardt I. (R.985-1002) aus dem Haus Großjena b. Freiburg a.d. Unstrut alle 3 Teilmarken als die Mark Meißen vom Kaiser Otto III. (K.983/Ks.996-1002) als Markgraf zu Lehen erhalten. Mit ihm begann die Reihe der Markgrafen. Er und später sein Bruder und sein Sohn schufen die Grundlagen für die Herrschaft der Markgrafen von Meißen, der Vorgänger der sächsischen Kurfürsten und Könige aus dem Hause Wettin. Slawische Siedler drangen aber auch über die Saale nach Westen vor, bis in die Gegend von Erfurt, Arnstadt, Saalfeld, Hof und Kulmbach. Dort verschmolzen sie allmählich mit der thüringischen und fränkischen Bevölkerung. Eventuell wurden sie auch bewusst von deutschen Grundeigentümern dahin angesiedelt. Als jedoch das freiweltliche Stift zu Quedlinburg am 26.4.999 durch eine in Rom ausgestellte Schenkungsurkunde des Kaisers Otto III. in den Besitz der Geraer Gegend gelangte, da war von einem kirchlichen Mittelpunkt hier in der Sorbenmark, östlich des alten „Sorben-Limes", der Saale, noch nicht im Entferntesten die Rede. Im Gegenteil, slawische Gegenangriffe waren sehr erfolgreich und 1028 verlegte sogar der Zeitzer Bischof Hildeward (B.1003-1030) seinen Sitz wegen der Sorben- u. Wendengefahr nach Naumburg, an die weit sicherere Saalelinie. Erst gegen Ende des 11. Jahrhunderts waren es deutsche Ritter und Bauern, die ihre Lebensweise und ihren christlichen Glauben nach dem kolonisierten slawischen Osten trugen, hier in unsere Heimat. Mit der Eroberung der slawischen Gebiete, aufwärts der Elbe, Saale, Pleiße und Elster und der Festigung der militärischen Macht, setzte auch eine enorme politische Inbesitznahme und christliche Glaubensexpansion in diesen Gebieten ein. Das heißt, unsere Heimat im engeren Sinn, Ostthüringen und das Thüringer Vogtland, wurde durch sächsische Könige und Kaiser aus dem Hause der Ottonen unter deutsche Oberherrschaft gebracht. Thüringen wurde zu einem Binnenland des Reiches. Es war nicht mehr Grenzland zum slawischen Osten.

Die Ausbreitung des christlichen Glaubens

Teil I.2 Christianisierung
Kaiser Otto I., der Große (912-973), der Begründer des mächtigen Geschlechts der Ottonen, legte den Grundstein für das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Mit ihm setzte Mitte des 10. Jahrhunderts ein Neubeginn der Konsolidierung der Zentralmacht ein, gestützt auf die Zusammenarbeit mit der Geistlichkeit und Macht der Kirche. Die Zeiten vor seiner Machtergreifung waren in Europa gekennzeichnet von blutigen familienpolitischen Kriegen, oft wechselnden Herrschergeschlechtern und auch die Kirche büßte geistliche Autorität ein. Der sächsische Herzog Heinrich und spätere deutsche König Heinrich I. (936), Ottos Vater, gilt als der Städtegründer schlechthin. Während seiner regen Ostexpansion ließ er an den entscheidenden Punkten der Flüsse stromaufwärts Wehrburgen errichten. Besonders bekannt wurde die Saale mit ihren Burgen oder die für uns später so bestimmende, um 930 errichtete Wehrburg Meißen. Im Jahr 936 wurde Otto I. zum König gekrönt. Schon ein Jahr später gründete er im September in Magdeburg, Ottos Hauptsitz, ein Kloster, das dem heiligen Mauritius, dem Bekämpfer der Heiden geweiht wurde. Damit wurde die Stadt zum Ausgangspunkt für seine Osterweiterungen. Denn Hauptanliegen seiner Aktivitäten war vor allem die Missionierung der Ostgebiete und die weitere Verbreitung des Christentums. Mit der engeren Bindung der Kirchen an die Krone nahm die Herausbildung des Reichskirchensystems ihren Anfang. Vorbild waren die Karolinger (750-900), die die Kirchen mit reichen Gütern ausgestattet hatten und dafür militärischen Schutz und ökonomische Leistungen in Anspruch genommen haben. Die Ostexpansion und die gesteigerten Machtansprüche zur weiteren Eingliederung und Unterwerfung der slawischen Gebiete verstärkte sich nach Ottos Siegen über die Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg und der Schlacht gegen die Elbslawen an der Regnitz, beide im Jahr 955. Nun, wie schon im Teil I.1 erwähnt, teilte der im Jahr 962 zum Kaiser gekrönte Otto I. nach dem Tod des Markgrafen Gero (965) die große Ostmark in fünf kleine Marken mit jeweils einer Burg im Zentrum, so genannten Burgwarde. Als Stützpunkt für die nun einsetzende Christianisierung dieser Ostgebiete wurde das Magdeburger Kloster gewählt. Um dessen geistliche und territoriale Macht zu stärken, versuchte der Kaiser in Magdeburg durch den Papst Johannes XIII. (P.965-972) ein Erzbistum errichten zu lassen. Nach anfänglichen Hindernissen gelang ihm dieser Schachzug im Jahr 968. Neben den Bistümern Brandenburg und Havelberg, die aus dem Erzbistum Mainz ausgegliedert wurden, kamen jetzt noch die Neugründungen Merseburg, Zeitz und Meißen zum Erzbistum Magdeburg hinzu. Slawische Gebiete, die später noch erobert und missioniert wurden, ordnete man ebenfalls Magdeburg zu. Um die Wende des 1. Jahrtausend erhielt das religiöse Leben im Abendland neue Impulse und entfachte besondere Begeisterung, auch hervorgerufen durch die Gründung neuer Mönchsorden. In der Regel waren es in der Vergangenheit meist angelsächsische Benediktiner Mönche, wie Wigbert (738) und Winfried (Bonifatius 755), die in Franken bisher Kapellen und Klöster gründeten. Nun, fast 400 Jahre später, nach dem Tod der bekannten Glaubensbekehrer und der gefestigten militärischen und politischen Macht in den ehemaligen slawischen Ostmarken und speziell während der Zeiten der Kreuzzüge, waren es meist Kirchenfürsten und Adlige. Sie gründeten vorzugsweise sogenannte Hausklöster, wie wir sie in Thüringen von den konkurrierenden Grafenfamilien als Stifter kennen.

Oberpöllnitz

Teil I.3 Das Dorf Oberpöllnitz (1. Folge)
Albert Schiffner schreibt 1840, S. 611 in seiner „Beschreibung von Sachsen":
„Oberpöllnitz nebst Stein-, Buch- u. Mühlpöllnitz hat 410 Einwohner und eine Kirche mit zugehörigem Kirchspiel. Es liegt am Anfange der Pöllnitz und an der Weidaischen Straße, ¼ Meile nordöstlich von Triptis. Der Ort hat ein rundes burgmäßiges Schloß, treffliche Schäferei, 1 Mühle und 1 Ziegelei. Stammort eines berühmten Adelsgeschlechtes. Das anstoßende Mittelpöllnitz, mit Kirche und 220 Einwohnern, hat ein besonderes Ritter- bzw. Arlasgut, 1 Postexpedition, 1 Chausseehaus, 1 wichtigen Gasthof, 1 Mühle usf."

Der Ort im Jahr 2000:
Noch immer ein typisches DDR-Dorf, seit der Eingemeindung 1950 nach Triptis oftmals 5. Rad am Wagen der Stadt. Inzwischen umgeben von Gewerbeansiedlungen mit seinen Vor- und Nachteilen, der Autobahn A9 und der neuen B 281. Gleichgültig, aus welcher Richtung der Wind weht, wir atmen Abgase und Feinstäube und ertragen den Lärm. Beeinflusst früher und heute von Alt- und Neubauern mit klassischem LPG-Niveau der alten Schule und zusätzlich noch „Hinterpfälzer Misswirtschaft". So gibt es liederliche bzw. verwahrloste Wirtschaftsflächen im ganzen Dorfbereich und vor allem im nördlichen Dorfbereich zwischen Siedlerstraße und Storchennest sowie Landwirtschaftsmüll in den Ortsfluren. Billigst geführte Tierweiden bestimmen Teile der Ortslagen, in der auch Urlauber, Gäste, Reiterfestbesucher oder Wanderer des internationalen Wanderweges umhergehen müssen. An fast allen Zufahrtsstraßen des „Urlauberdorfes" erlebt der Besucher verwahrloste oder ungepflegte Grundstücke. Staatliche Verschönerungen gab es bisher nur am Friedhof bzw. durch angestrengte Eigeninitiative privater Grundstücksbesitzer. Neuerdings erfolgte nun doch endlich die Sanierung des Jahrzehnte stinkenden Dorfteiches und die Errichtung eines schönen Spielplatzes. Wir haben 2 Stadträte im Dorf wohnen und wozu? Jürgen Reinholz, Thüringer Wirtschaftsminister sagte ganz richtig: „Was nützt uns der sauberste Gasthof, wenn das Umfeld verwahrlost?"
Und 2020? Ein Leben im problematischen Umfeld. Von der Legende des mutwillig überfahrenen, nicht angeleinten Hundes, der nach tierärztlicher Kontrolle aber keinerlei Verletzungen aufwies. Von dem zerstörten Glauben, vor einem Gericht objektiv Gerechtigkeit erfahren zu können. Von Pferden, die monatelang im Winter im Schlamm stehen müssen, ohne Protest der Tierfreunde. Hier aber ein Bild von besseren Tagen. Im Dorf und Umfeld ungepflegte Pferdeweiden mit ungemähden Straßenrändern und liederlichem Misthaufen neben der Straße "Am Storchennest". So wirkt ein Reiterhof das ganze Jahr über auf das Dorfbild. Echt DDR-Niveau! Betrachtet man als Fremder das Dorf von der Zufahrt aus Triptis kommend, blickt man auf einen umfunktionierten alten Bauerngarten, nun mit abgestellten Gewerbemüll, fährt man links zur Engen Gasse kommt der nächste verwahrloste Bauerngarten, fährt man die Hauptstraße lang, gibt es auch hier mitten im Dorf den nächsten verwahrlosten Bauerngarten. Und so geht es weiter im Dorfbereich. Nun gibt es nur noch einen Bauerngarten mit Obstbaumbestand. Ist das in Ordnung? Ein weiteres Problem sind die ständigen Schädigungen an Neuanpflanzungen im Rodabornweg oder in der Waldflur Oberpöllnitz. Und das sind nicht Jugendliche! Es waren auch keine Jugendlichen die am 2.11.2020 die drei Tage zuvor aufgestellte Ruhebank am Rodabornweg mit Pferdekot beschmiert haben. Nach eingehenden Informationen wurde zu der in Frage kommenden Zeit eine bekannte Person mit 2 Hunden an der Bank gesehen!!

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Ein Gotscalcus de Polnicz wurde in einer alten Urkunde der Vögte von Weida vom 29.12.1238 schon erwähnt. (Dobenecker Bd.III./Urk.766) Ob aus Ober-, Mittel- oder Niederpöllnitz ist noch nicht erwiesen. Grundsätzlich gelten diese drei Siedlungen als slawische Ortsgründungen und könnten damit im Ursprung auf das 8./9. Jh. zurückgeführt werden. Dörfer mit der Endung -itz in unserer Umgebung sind vorwiegend sorbische Siedlungsnamen. Als die Wenden und Sorben in der Zeit von 600 bis 800 unaufhaltsam vom Osten her über die Elbe vordrangen, kamen auch einzelne Sippen in unsere Gegend und ließen sich hier an geeigneten Plätzen nieder. Dies geht sowohl aus dem Namen des Ortes als auch seiner Anlage hervor. Viele frühere Ortsnamen lassen auch auf die Gründung durch eine Sippe schließen und der Name des Stammesältesten ging in den Dorfnamen ein. Üblich war es allerdings, dass die Sippendörfer in alter Zeit ihre Namen regelmäßig mit dem Namen des Sippenvaters wechselten. Aber nach und nach erhielten diese ältesten Niederlassungen feste Dorfnamen nach der mächtigsten Sippe oder auch nach der Lage des Ortes. Außerdem zeigt auch die Anlage eines Dorfes, wessen Gründer hier vorherrschten. Sorben und Wenden bauten zumeist ihre Dörfer in Rund- bzw. Hufeisenform, in deren Mitte sie freie Plätze oder Teiche anlegten oder Sumpf- und Teichlandschaft an einer Dorfaußenseite zum Schutz nutzten.
Johannes Rothe schreibt in seiner „Thüringischen Landeschronik": „Die edlen Herren empfingen ihre Namen von den Orten, an denen sie sich ansiedelten. Aber die Dörfer erhielten ihre Namen von denen, die den Acker zuerst bebauten."
Ohne Zweifel war Niederpöllnitz der slawische Hauptort in der Pöllnitzsenke, besonders wenn man die Ansiedlung des Geschlechtes derer von Pöllnitz in Betracht zieht. Wo in Oberpöllnitz der slawische Kern zu suchen ist, muss noch genauer untersucht werden. Ich vermute ihn im Bereich des Pöllnitzbaches/Pöllnitzweges bis zu den ehemals 3 Teichen der heutigen Dorfteichanlage und dem dortigen alten Dorfplatz mit seinem Brunnen. Hier stand auch ein vormaliger Gutshof, einer der ältesten Höfe des Ortes überhaupt. Man beachte auch den Durchgang der ehemaligen Handels- und Poststraße von Saalfeld, Neustadt über Döblitz nach Mittelpöllnitz im Ort. Sie kam vom Döblitzer Weg, führte durch den Pöllnitzweg, der ehemaligen Jüdengasse, über Stein-, Buch- u. Mühlpöllnitz, zur bedeutenden alten Handels-, Heer- und Poststraße Nürnberg, Hof, Leipzig. (Landgraf Friedrich der Ernsthafte erließ 1349 eine Anordnung zur Judenverfolgung, angeblich verantwortlich wegen der Pest. In Oberpöllnitz sollen die Juden aus der Jüdengasse vertrieben worden sein! Aus „Triptiser Chronik“ 1898)
Als um die Jahrtausendwende die Markgrafen u. folgend die Landgrafen ihre adligen Gefolgsleute in unserem Raum mit größeren Gütern belehnten, lebten hier entlang des Pöllnitzbaches schon die Sorben in ihren Weilern. In Nachbarschaft zu diesem Edelhof, dem später entstehenden Rittergut, bildete sich bestimmend das deutsche Dorf. Die Siedlungsrunde „Am Alten Dorfanger“ ist neueren Datums und gehört in die Ansiedlungsepoche deutscher Bauern im Sorbenland. Ich bezeichne diesen Bereich als planmäßig gegründetes, separates Platzdorf, mit Anger und Gemeine, Teich, Triften, Hausgelänge sowie jeweiligem Landbesitz von ca. 1 Hufen. Die systematische Anordnung lässt eine ordnende Hand erkennen. Alle Grundstücke hatten nahezu gleiche Größe und wurden sicher mit Umzäunungen abgegrenzt, die einen gleichzeitigen Schutz gegen Überfälle bildeten. Siehe nachfolgende vergleichende Bilder der Dorfstruktur. Unterstützend für diese These gilt auch die Lage der Kirche und des Rittergutes außerhalb der beiden alten Dorfkerne auf einem Hügel. Der erhabene Standort lässt sie größer erscheinen als sie sind. Das Schloss und die Kirche bestimmen das Landschaftsbild der oberen Pöllnitzsenke. Auch ist die erste Schule 1670, gefördert vom Patron Hans Christoph v. Pöllnitz, d. Jüngere (1638-1680), auf diesem alten Dorfanger vor dem Hof Biehl errichtet worden und ebenfalls die späteren Handwerker- u. Häuslergebäude sowie das Gemeindehaus, weil das Gelände Lehnsgut war oder aber zur Gemeine gehörte.
Wahrscheinlich ist unser Ober-Dorf, gleichbedeutend mit Neues Dorf, im Gegensatz zu Unter- bzw. Nieder-Dorf = Alte Siedlung, von Anfang an eine deutsche Siedlung und hat den Namen in Anlehnung an die benachbarten Sorbenweiler bzw. Pöllnitz-Siedlungen erhalten. Unterstützung findet diese meine These in der hier vorherrschenden Flureinteilung. Die Höfe am alten Dorfanger unterlagen der Gewanneteilung (fränkisch) bis zu den jeweiligen Flurgrenzen, ohne Waldanteil und liegen im westlichen Halbkreis (Süd-West-Nord) um diesen Siedlungspunkt. Das Rittergut hatte im Wesentlichen Blockflur im östlichen Halbkreis (Süd-Ost-Nord) und damit in den Siedlungsweilern der Sorben. Zu bemerken ist allerdings, dass die Blockfluren vieler Rittergüter im Laufe der Jahrhunderte durch Grundstücksübernahmen verschiedenster Art und Weise entstanden sind. Diese Feststellungen zum deutschen Siedlerdorf sind aber nur meine Vermutungen. Die Tatsachen müssten noch genauer erforscht werden!
In alten Veröffentlichungen (z.B. Stemmler: Pagus Orla) wird immer darauf verwiesen, dass Oberpöllnitz zum ehemaligen Orlagau gehörte und die alte Wehrburg als Grenzbefestigung des östlichen Orlagaues nach der 1. deutschen Eroberungswelle (10./11.Jh.) errichtet wurde. Als Schutz gegen die Sorben und zu deren Unterwerfung und als Sicherungsanlage zum Schutz des kaiserlichen Reichsgutes zu dem unser Gebiet gehörte. Ausgangspunkt der fränkisch-deutschen Eroberungen und der damit verbundenen Christianisierung des Pagus Orla war erwiesenermaßen Saalfeld. Ob das auch immer für die Pöllnitzorte zutrifft, bleibt dahingestellt. Sicher ist, dass das alte Ministerialengeschlecht derer von Polnicz großen Landbesitz in zahlreichen Orten außerhalb des Pagus Orla besaß und den Vögten von Weida sehr nahe stand. Für die Vögte waren die kriegerischen und politischen Niederlagen von entscheidender Bedeutung. Sie gingen der unmittelbaren Reichslehen verlustig und verloren letztlich die Herrschaften Weida 1427 und Plauen 1466. Mit den Vögten verloren auch ihre treuesten Freunde und Helfer Besitz und im Kampfe das Leben, z.B. Glieder der einflussreichen Familie von Pöllnitz, die viele vogteiliche Urkunden als erste Zeugen mit beurkundet hatten. Deshalb vielleicht auch der Verlust des Stammbesitzes Niederpöllnitz 1438 und die Verlagerung des Hauptsitzes nach Oberpöllnitz. Hier hatte man ja die alte Wehranlage um 1414 zu einem Rundschloss erweitert. (Deshalb stelle ich erneut die Frage in den Raum: Waren die von Pöllnitz Ministeriale der Vögte von Weida oder der Grafen von Lobdeburg/Arnshaugk oder waren sie reichsritterliche, freie unmittelbare Reichsministeriale? Denn wir dürfen nicht vergessen, der obere Orlagau und darüber hinaus die östlichen Territorien wurden durch Kaiser Barbarossa (Ks.1155-1190) wieder Reichsgut.)
Die dörflichen Wehranlagen oder "Festen Häuser" gehörten zu den Ministerialen, die sich zum niederen Adel entwickelten und die Grundherrschaft trugen. Somit waren die Rittergüter Träger der regionalen, strukturierten Gliederung, ausgerüstet mit landesherrlichen Lehen und der niederen Gerichtsbarkeit. Da das Rittergut in Oberpöllnitz fast ausschließlich seinen Grundbesitz nordwestlich, nördlich, östlich und südöstlich der Gemarkung hielt, möchte ich mir die Bemerkung erlauben, dass es mit dessen Bildung auch eine bäuerliche Ansiedlung gegeben haben muss. Möglicherweise war der Pöllnitz-Adel doch ein Ansiedlungsadel aus dem mainfränkischen Raum, der seine Siedlungsbauern mitgebracht hat. Es zeigt sich recht deutlich die Gutsblockflur des Rittergutes gegenüber der Gelängeflur der meisten Bauernflächen. Diese Gelängestruktur wird von Fachleuten als fränkisch-altthüringisch betrachtet und ist jüngeren Datums als die Gutsblockflur. Wie oben schon angeführt, können Ortsnamen auch durch ihre Lage im Gelände entstanden sein. So ist zu vermuten, dass die Namen der Pöllnitzdörfer sich ableiten vom Pöllnitzbach, der sie durchfließt und der auch der umgebenden Senke zwischen Triptis und Weida ihren Namen gab. Das ist slawische Namensgebung, die zweifellos auch auf ältere Namensbezeichnungen (keltisch - germanisch) fußen kann. Slawisch polnica = Feld/Acker, möglich aber auch Pohle = Bach im offenen Gelände.
„Man kann bei der Erklärung von Ortsnamen nicht allein von geschriebenen Aufzeichnungen ausgehen, da Erstbesiedler ihren Wohnplatz nach bestimmten Geländeeigenschaften bezeichneten und diese Ortsbenennungen ursprünglich nur mündlich weiter transportiert wurden. Neue Einwanderer gaben jedoch nur das Klangbild und nicht den Sinn der Bezeichnung weiter. Und sie haben den Klang ihren eigenen Lautformen entsprechend verändert. Die aus geschichtlicher Zeit bekannte Bezeichnung Osterland, meint der Namensforscher Obermüller, sind keinesfalls slawisch, denn das Osterland heißt nicht so, weil es im Osten liegt, sondern ist eine Übernahme des Keltischen uast + er, gleich bedeutend für Wald, großer ...“. Entnommen aus: „Keltische Wurzeln in europäischen Sprachen“, von Gerh. Joachim Richter, Leipzig 2002, Antonym-Verlag.
Oberpöllnitz könnte also durchaus ein Ort sein, der nach der Besitzname des Sorbenlandes sich im Schutz der Wehrburg durch deutsche Bauernsiedler entwickelt hat und in Anbetracht des Grundherrn oder der Namensumgebung seinen Namen erhielt. Man denke nur an die im 13. Jahrhundert in Urkunden gefundene einfache Ortsbezeichnung Polnicz. Die zwei Kernsiedlungen im Ort habe ich genannt. Alle anderen Dorfstrukturen entstanden zu späterer Zeit und waren der Ansiedlungsstrategie des Grundherrn und der allgemein einsetzenden Industrialisierung geschuldet. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts beginnen sich allmählich Handwerk und Gewerbe in den Dörfern zu vermehren. Neben den Patronatsfamilien, Rittergutspächterfamilien, den Familien des Pfarrers und des Kantors sowie den Bediensteten des Gutes wie Hofmeister, Jäger, Gärtner, Kutscher, Knechte u. Mägde, findet man jetzt in den meisten Gemeinden eine Schänke, einen Müller, einen Bäcker, einen Waffen- u. Hufschmied, einen Zimmermann, einen Maurer, einen Böttcher, einen Schneider, einen Schuster, einen Sattler, einen Seiler, Hirten, Schäfer und Schafknechte, aber auch Leineweber, Zeugmacher, Zeugwirker, Hutmacher u.a.
So ist die Ansiedlung besessener Bauern oder Hüfner und später (17. bis 19. Jh.) auch Gärtner, Häusler, Hintersassen und Hausgenossen durch Abgabe von Rittergutsland und/oder Erbauung von Kleinsiedlerhäuschen Ursache für die Erweiterung der dörflichen Struktur. Das trifft insbesondere zu für die Kernbebauung „Am Alten Dorfanger“, für die Bauten in der Dr.-Wilh.-Külz-Straße und für Stein- und Buchpöllnitz. Sie arbeiteten vorwiegend als Handwerker, Tagelöhner und Handfröner, im Interessennutz der ökonomischen Stärkung der Rittergutsabläufe. Die Hälfte dieser Dorfbewohner, in abgelegenen Orten weit mehr als die Hälfte, war vermögenslos, lebte also vom Tagesverdienst, von Naturaleinkünften aus Kleinstbodenbesitz und Kleintierhaltung.
Schwer hatten es unsere Bauern in damaliger Zeit. Sie waren zinspflichtig den Kirchen, den Klöstern, den Rittern, den Städten, dem betreffenden Amt zu dem sie gehörten u.a. Dazu kamen noch Frondienste für dieselben. Es gab Amtsfron, Rittergutsfron, Kirchen- u. Klosterfron, Stadtfron ... und es bestand auch noch der sogenannte Gesindezwang oder Zwangsdienst. 1416 z.B. geben in 33 Dörfern gesamt oder einzelne Zinspflichtige Zinsen und Abgaben an die Herren von Pöllnitz zu Niederpöllnitz und zwar in Geld, Getreide, Hühner, Wachs etc. Sehr bedrückend war der Gesindezwang. Das heißt, niemand durfte sich anderweitig zum Dienst verpflichten, alle mussten wenigsten 2 Jahre dem Gerichtsherrn dienen. Auch waren die Zinsbauern die öffentlichen Knechte des Gerichts und mussten als Büttel oder Henker Gerichtsfrone leisten, bis sie sich später, Mitte des 19. Jahrhunderts, durch Zahlung eines Geldbetrages davon freimachen konnten.
Neben den Zinszahlungen und dem Fronen stand auch noch die Wehrpflicht als eine bedrückende Last für den Bauern. Die Dorfbewohner waren grundsätzlich wehrpflichtig und auch regelmäßige Musterungen wurden abgehalten. Die Dörfer hatten im Kriegsfalle sogenannte Mannschaften mit vorgegebener Bewaffnung zu stellen. Das konnten sein: Langrohre, Hellebarden, Federspieße, Langspieße, Knebelspieße, Äxte u.a. Waffen. Viele Orte mussten aber auch Heerwagen mit tüchtigen Pferden und allem Zubehör stellen. So gerüstet ging man z.B. dem 30 jährigen Krieg entgegen.

Wolfgang Schuster, Triptis/Oberpöllnitz 12/04 – akt. 11/2020
Berichtigungen und Ergänzungen sind erwünscht!

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